Blutegeltherapie – alles, was Sie wissen müssen
Die Behandlung mit Blutegeln gehört zu den ältesten Therapien in der Geschichte der Medizin. Bereits vor 3000 Jahren wurden die kleinen Tiere in Indien eingesetzt. Dhanvantari, der hinduistische Gott der Heilkunst, hält einen Blutegel in der Hand. Das Wort Egel leitet sich aus dem griechischen „Ephis“ für „kleines Schlangentier“ ab. Im Mittelalter wurden Heiler auf Englisch „leecher“ genannt, abgeleitet von „leech“, dem Blutegel. Ähnlich verhält es sich im germanischen Sprachgebrauch.
Im 18. Jahrhundert war die Therapie so beliebt, dass Blutegel in Europa fast ausgerottet wurden. Da Importe aus Asien teuer waren, geriet die Behandlung in Vergessenheit, bis sie in den 1970er-Jahren wiederentdeckt wurde. Aktuelle Studien, zum Beispiel von der Universität Duisburg-Essen, belegen die Wirkung von Blutegeln bei Krankheiten wie Arthrose. Bei mehr als 80 Prozent aller Probanden nahmen die Schmerzen bereits nach der ersten Sitzung ab.

Sanft und sicher: So verläuft eine Blutegeltherapie
Patienten, die Vorbehalte gegen das Saugen der Blutegel haben, seien beruhigt: Die Therapie verläuft schmerzfrei. Je nach Krankheitsbild werden Blutegel auf bestimmte Stellen am Körper aufgelegt. Der Biss ist mit einem Mückenstich vergleichbar und wird von den Patienten kaum wahrgenommen, da Blutegel eine Betäubungssubstanz in die Wunde absondern.
Der Egel saugt sich circa 1–1,5 Stunden lang voll und löst sich danach automatisch von der Haut ab. Die Wunde blutet im Anschluss etwas, was den heilsamen Effekt verstärkt. Deshalb wird eine Blutegeltherapie auch als „kleiner Aderlass“ bezeichnet. Auf diese Weise reinigt sich die Wunde selbst. Es genügt, nach der Blutegelbehandlung einen sterilen Verband anzulegen. Die Nachblutung ist nach 12 bis 24 Stunden abgeschlossen.
Pro Biss saugt ein Blutegel circa 20 ml Blut heraus. Der menschliche Körper ersetzt diese geringe Menge rasch. Dennoch empfiehlt es sich, nach der Behandlung ausreichend zu trinken und sich etwas Ruhe zu gönnen. Wichtig ist außerdem, nicht an der Wunde zu kratzen.
Diese besonderen Wirkstoffe stecken in dem Speichel der Blutegel
Während des Saugvorgangs dringen über den Speichel der Blutegel besondere Wirkstoffe in den menschlichen Körper ein. Über 20 Inhaltsstoffe stehen momentan im Fokus der Forschung. Der Wirkstoff Eglin im Speichel der Blutegel blockiert die für Entzündungsvorgänge verantwortlichen Enzyme. Zudem wirkt Eglin schmerzstillend.
Der Wirkstoff Hirudin hemmt einerseits die Gerinnung des Blutes, was vor Thrombosen schützt. Andererseits fördert er die Entstauung des Gewebes und einen beschleunigten Lymphabfluss. Dies führt zum schnelleren Abtransport von Schadstoffen aus dem Körper. Zudem stärkt Hirudin die Immunabwehr, weil es die Produktion von weißen Blutkörperchen fördert.
Bei welchen Erkrankungen werden Blutegel zur Therapie eingesetzt?
Blutegel finden bei einer Vielzahl unterschiedlicher Beschwerden Anwendung. Von den anti-entzündlichen, schmerzstillenden, blutgerinnungshemmenden und immunstärkenden Eigenschaften profitieren Patienten bei:
- Rheuma
- Arthrose, Arthritis, und weiteren Gelenkerkrankungen
- Venenleiden wie Krampfadern, Thrombosen, Besenreißern
- Durchblutungsstörungen
- entzündlichen Krankheiten im Körper
- Tinnitus, Mittelohrentzündung
- Furunkeln und Abszessen
- Rücken-, Schulter- und Nackenschmerzen
- Stau im Lymphsystem oder der Leber
- Kopfschmerzen und Migräne
- Hämatomen
- Gürtelrose
Zudem werden Blutegel in der plastischen und rekonstruktiven Chirurgie eingesetzt, vor allem im Zuge von Transplantationen.
Die Jahrtausende alte
Blutegelbehandlung gilt als sehr sicher und nebenwirkungsarm. Sie kommt bis auf wenige Ausnahmen (zum Beispiel bei einer Einnahme von Blutverdünnern) für fast alle Patienten als Therapie infrage. Die Wirkung ist meist schon unmittelbar nach der ersten Behandlung spürbar.